Wissenschaft und Praxis

Die 1. White Galloway Konferenz am 8. September 2014 war ein voller Erfolg

Über 70 Teilnehmer aus Australien, Canada, Deutschland, Großbritannien, Neuseeland, Schottland und der Schweiz erlebten interessante Fachvorträge und eine beeindruckende Herdenvorführung.

White Galloway Konferenz

Berichte und Ergebnisse

Nachdem die Galloway Weltkonferenz, veranstaltet vom BDG, in diesem Jahr in Niedersachsen stattfand, bot sich für die Züchter der Weißen Galloways die Chance, eine internationale Konferenz im Anschluss an die Weltkonferenz in Schleswig-Holstein abzuhalten. Die White Galloway Konferenz fand in Neversdorf statt. Veranstalter war die RSH e.G. Die ca. 70 Teilnehmer der Konferenz kamen aus vielen Ländern der Erde in denen Galloways, und insbesondere Weiße Galloways, eine Rolle in der Fleischrinderzucht spielen: Australien, Canada, Neuseeland, die Schweiz und das Vereinigte Königreich waren vertreten und komplettierten die Riege der deutschen Züchter. Durchweg wurde die Konferenz zweisprachig abgehalten.

Eine Reihe von Willkommensadressen eröffnete die Tagung. Unter anderem richtete Frau Dr. Bianca Lind, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter (ADR) das Wort an die Teilnehmer und für die Begrüßung durch die RSH waren sowohl der Vorsitzende des Vorstandes, Herr Karl-Heinz Boyens, als auch der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Herr Otto Gravert, angereist. Der Veranstalter RSH war weiter durch die fast vollständige Teilnahme der Geschäftsführung (Herr Leisen, Dr. Kahle, Dr. Hasenpusch) und weitere Mitarbeiter (u.a. Claus Henningsen, Ansprechpartner für Fleischrinder) vertreten. Der Ort der Veranstaltung, Neversdorf, war kein Zufall, da die Initiative für die Veranstaltung von der bekannten White Galloway Züchterin Mechthild Bening ausging, deren Zuchtstätte sich in Bebensee, direkt gegenüber auf der anderen Seite des Neversdorfer Sees, befindet. Auch Frau Bening schloss sich der Reihe von Begrüßungen an, was ihr, aufgrund ihrer langjährigen Zusammenarbeit mit vielen internationalen Gästen auch leichtfiel: Sie konnte viele alte Freunde begrüßen.

Zentraler Inhalt der Konferenz

... war das Projekt „Farbvererbung beim Weißen Galloway“, welches von den Professoren Bertram Brenig (Göttingen) und Hermann Swalve (Halle) durchgeführt wurde. Die Initiative für dieses Projekt kam aus der Züchterschaft, wobei wiederum besonders Mechthild Bening zu nennen ist, welche auch die Datenerhebung bei den Züchtern koordinierte.

Kurzgefasst ging es bei dem Projekt darum, dass geklärt werden sollte, wie eigentlich die typische Farbzeichnung der Weißen Galloways vererbt wird. In der deutschen und internationalen Züchterschaft kursieren bis heute dazu die teilweise abenteuerlichsten Theorien. Dabei ist das Zuchtziel bezüglich der Farbzeichnung zunächst altbekannt: Weiß, schwarzes Flotzmaul, schwarze Ohren, schwarze Markierungen an allen vier Beinen. Andererseits ist jedem, der sich mit der Farbvererbung der Weißen Galloways beschäftigt hat, auch klar, dass auch bei Anpaarung von Bulle und Kuh, die beide diesem Farbschema entsprechen, Nachkommen entstehen können, welche diesem Farbschema nur unbefriedigend genügen. Übermarkierte Nachkommen, d.h. Tiere mit mehr oder weniger ausgeprägten schwarzen Abzeichen z.B. an der Flanke, kommen vor; daneben aber sogar fast rein weiße Tiere oder auch völlig schwarze. Gerade die beiden letzteren Kategorien wurden bisher eher „versteckt“, da man sich häufig nicht eingestehen wollte, dass sogar solche Tiere das Resultat von Anpaarungen „perfekter“ Weißer Galloways sein können.

Das wissenschaftliche Projekt fußte auf zwei Säulen: Einerseits der Analyse einer über die letzten drei Jahre zusammengetragenen Datenbank von 656 Nachkommen, ihren Farbzeichnungen und den Farbzeichnungen ihrer Eltern, sowie auf den molekularen Untersuchungen.

Die Ergebnisse des Projektes seien hier nur sehr kurzgefasst wiedergegeben:

  • Die erwünschte Farbzeichnung, weiß mit schwarzem Flotzmaul, schwarzen (oder roten) Ohren, schwarz markierten Beinen, ist das Resultat eines sehr speziellen Vererbungsganges welcher in der Tiergenetik sehr selten ist
  • Teile des KIT-Gens, des Gens, welches bei allen Säugetieren für eine „Farbverdünnung“ der Fellfarbe sorgt, können sich duplizieren und auch auf einem anderen Chromosom als dem „Heimat-Chromosom“ einlagern. Dies bewirkt eine Stärkung der „Farbverdünnung“, wobei die „Farbverdünnung“ bei einem schwarzen Tier mit dem KIT-Gen am Originalchromosom zur Aufhellung nicht ausreicht, dann aber bei einfacher Einlagerung auf dem alternativen Chromosom zur typischen White Galloway – Farbzeichnung führt und bei zweifacher Einlagerung auf beiden paarigen Chromosomen in einem fast rein weißen Tier resultiert.
  • Der gefundene Vererbungsgang scheint damit den Mendelschen Regeln für ein Gen mit zwei Allelen zu folgen, obwohl ein völlig anderer molekularer Hintergrund vorliegt. Auch für den hier gefundenen Vererbungsgang können aber aus Gründen der Vereinfachung für Rechenzwecke die Mendelschen Regeln unterstellt werden: Die „perfekte“ White Galloway-Farbzeichnung findet sich beim heterozygoten (mischerbigen) Tier, wenn solche Tiere untereinander verpaart werden, entstehen zu 25 % fast rein weiße Tiere, zu 50 % Nachkommen mit der „perfekten“ Farbzeichnung, und zu 25 % fallen schwarze Kälber. Verpaarungen von (fast) reinweißen Tieren untereinander führen immer auch zu reinweißen Nachkommen und analog gilt für die Verpaarung schwarzer Eltern, dass nur schwarze Nachkommen entstehen können. Schwarze Nachkommen aus White Galloways sind von „herkömmlichen“ schwarzen Galloways molekular nicht unterscheidbar. Verpaarungen von „reinweiß“ x „schwarz“ führen zur „perfekten“ White Galloway – Farbzeichnung.

Wie erwartet, ergaben sich aus den Präsentationen der Wissenschaftler (siehe Downloads auf der rechten Seite) lebhafte Diskussionen. Insbesondere wurde diskutiert, wie es jetzt in der Zucht von Weißen Galloways weitergehen soll. Die Wissenschaftler betonten, dass die Ergebnisse des Projektes nicht als Enttäuschung oder als Begrenzung der züchterischen Möglichkeiten aufgefasst werden sollten, sondern vielmehr als Erweiterung der Selektionsbasis. Auch schwarze Galloways könnten jetzt in den Fokus der White-Züchter rücken. Weiter ergeben sich auch neue Möglichkeiten für die vielen leistungs- und typgerechten Tiere, die bislang aufgrund „unerwünschter“ Farbzeichnungen aus den züchterischen Planungen herausgefallen sind.

Am Nachmittag wurde die Konferenz für einen Praxisteil zu den Galloways vom Bebensee auf die andere Seite des Neversdorfer Sees verlegt. Gezeigt wurden die Ergebnisse von 17 Testanpaarungen von weißen x schwarzen Eltern. Alle Kälber wiesen die erwünschte White Galloway – Farbzeichnung auf, mitunter jedoch mit einer gewissen Übermarkierung. Rein weiße Kälber oder auch schwarze Kälber waren, wie erwartet, nicht gefallen. Ein imposanter Beweis für die Richtigkeit der wissenschaftlichen Ergebnisse.

White Galloway Konferenz

Das Projekt wird fortgeführt

Zu klären ist immer noch, wodurch Übermarkierungen bei ansonsten „perfekter“ Farbzeichnung entstehen. Wichtig war es jedoch, den allgemeinen Vererbungsgang zu klären. Zu diesem Ergebnis haben die beteiligten Züchter, welche die Datenbank „fütterten“, sowie die Wissenschaft in gleicher Weise beigetragen.

Übrigens

Sämtliche empirischen Daten werden ständig aktualisiert und an die Universität Halle gemeldet. Ebenfalls gehen Blutproben oder Haare von allen nachgeborenen Tieren zur DNA Untersuchung an die Universität Göttingen.